Was haben ein Chirurg und ein Schütze gemeinsam? Beide brauchen Geschick und eine ruhige Hand. Das ist es aber auch schon, was die alte Tradition mit Medizinern verbindet – sollte man meinen. Das haben Karl Döhring als erster Vorsitzender und seine Mitstreiter vor knapp hundert Jahren anders gesehen, als sie den Schützenverein der münsterschen Universitätskliniken gründeten. Für mehr Zusammenhalt in der Belegschaft kann man eben auch auf ungewöhnliche Maßnahmen zurückgreifen. Mit geliehenen Luftgewehren und „kameradschaftlicher Betriebsgeselligkeit“ ermittelten die anfänglichen zehn Mitglieder ihren ersten König: Döhring. Schusswaffen sind auf dem Klinikgelände längst verboten, doch der Verein existiert weiterhin. Stattdessen treffen sich die Mitglieder – meist aktuelle oder ehemalige Klinikangehörige – regelmäßig zum Dart-Spielen. Allerdings wird das jährliche Vogelschießen um den Königs- und Kaisertitel mit dem Kleinkaliber-Gewehr weiterhin ausgetragen.
In den 1950-er Jahren hatte der Verein knapp 150 Mitglieder. Während des Zweiten Weltkriegs ruhte die Schützentätigkeit, doch ein Zufallsfund – die alte Königskette auf einem Klinik-Dachboden – brachte den Verein zurück. Nach 66 Jahren Vereinsgeschichte schaffte es im Jahr 1993 Gudrun Kiesel als erste Frau aufs Podest und schoss sich zum Königinnentitel. Aktuell zählt der Verein noch knapp 50 Mitglieder. Dafür zelebrieren die übrigen Mitglieder das jährliche Schützenfest und die Traditionen umso mehr – ein Grund zur Sorge bezüglich einer Auflösung besteht also noch nicht. Allein das Münsterland zählt rund 110 Schützenvereine –fast jedes Dorf kann einen eigenen Verein vorweisen. Dass jedoch ein Standort der Universitätsmedizin einen eigenen Schützenverein stellt, das dürfte es nirgends sonst geben.


